Mo., 19 Juli 2021

Arno Teichmann bringt mit 78 Jahren eine Autobiografie heraus - sie spiegelt auch den Zeitgeist der Vergangenheit wider.

Harald Meyer 19.07.2010,20:38


VECHELDE. Hartnäckig sein, am Ball bleiben, nicht aufgeben, an sich glauben, durchbeißen – auch mal strategisch denken: Wenn Arno Teichmann die Merkmale eines guten Marathonläufers aufzählt, dann sind das auch Charaktereigenschaften, die im Leben nützlich sind. In beidem kennt er sich aus – mit seinen 78 Jahren hat Teichmann genug Lebenserfahrung, als „Marathon-Mann“ hat er diese Langstrecke 30 mal absolviert in aller Welt. „Das Leben ist eine Art Marathon“, ist Teichmann überzeugt, der eine Autobiografie herausgegeben hat.


Fast 60 Jahre hat der Maschinenbauingenieur im Ruhestand in Vechelde gewohnt, ist dort sportlich und in der Kommunalpolitik aktiv gewesen – aber nicht nur deshalb werden sich viele an ihn erinnern. Vor drei Jahren ist Teichmann zwar in die Gemeinde Friedland zur Familie seiner Tochter gezogen, aber in seinem Buch nimmt Vechelde einen großen Platz ein. Ein Buch mit sehr persönlichen Einblicken ins Leben von Arno Teichmann; ein Buch, in dem er offen seine Überzeugungen darlegt; ein Buch, das Zeitgeist widerspiegelt.


„Als Flüchtlingskind galten wir in dem kleinen Dorf nichts“

1943 – noch während des Weltkriegs – in Breslau im heutigen Polen geboren, musste Teichmann im Mai 1945 mit seiner Mutter und den Geschwistern in den Westen fliehen. So verschlug es die Familie 1949 schließlich nach Wehre in den Landkreis Goslar. „Als Flüchtlingskind galten wir in dem kleinen Dorf nichts“, sagt Arno Teichmann im Rückblick – und das, obwohl „wir deutsch gesprochen haben“. Seine Schule bestand aus einem Klassenlehrer, der auch Bürgermeister gewesen ist, und einem Klassenraum für die Klassen eins bis acht. Aus heutiger Sicht unvorstellbar.


Teichmann sieht sich als „Kind der 1950er-Jahre": Nach seiner Schulzeit – mit 14 Jahren – hat er eine Maurerlehre begonnen, weil seine Eltern es so wollten. Wegen seiner Allergie gegen Zement musste er diesen ungeliebten Beruf aufgeben – „Gott sei dank“, sagt er heute erleichtert. Denn schon vier Wochen später führt sein Weg zur Firma „MIAG Mühlenbau“ in Braunschweig, wo er sich vom Bürogehilfen hocharbeitet zum Maschinenbauingenieur, der für den Bau von Getreidesilos steht und international unterwegs ist. „Man muss im Leben auch Glück haben“, sagt Teichmann zu diesem für ihn so wichtigen Wechsel – aber „man kann sein Glück auch erzwingen“. Denn nach dem Aus im Maurerbetrieb „habe ich nicht zu Hause gehockt und auf mein Glück gewartet“. In seinem Buch heißt es an einer Stelle: „Nur wer sich bewegt, wird auch etwas bewegen.“ Ein Satz, der generationsübergreifend bis heute Gültigkeit hat.


„Mein Zimmer war ganz schlicht eingerichtet mit Bett und Kommode“

Von Braunschweig, wo er 1958 hingezogen ist, führt es Teichmann bereits 1959 nach Vechelde: Zwar suchte er eine eigene Bleibe, und fand sie aber eher zufällig an der Hildesheimer Straße in der Nähe des Bahnhofs: Die Chefsekretärin der „MIAG“ hat gehört, dass nebenan ein Zimmer frei geworden sei – Teichmann ließ sich nicht bitten: „Das Zimmer befand sich direkt unterm Dach und war ganz schlicht eingerichtet mit Bett und Kommode.“ Eine Heizung habe es nicht gegeben, im Winter sei er „mit der Strickjacke ins Bett gegangen“. Toiletten waren in einer unteren Etage, Frischwasser auf dem Hof – die 50-Jahre. Mit ihrem kleinen Auto hat die Chefsekretärin den Jungspund zur Arbeit nach Braunschweig mitgenommen.


Doch es sollte aufwärts gehen in Deutschland – schon in den 60er-Jahren, durch das Wirtschaftswunder, von dem auch Teichmann profitiert: Teils skurrile, teils lustige Episoden reihen sich in seinem Buch an über das, was er bei der „MIAG“ – damals noch 4500 Mitarbeiter – erlebt hat, in einer Zeit, als der „Eiserne Vorhang“ eigentlich noch sehr undurchlässig gewesen ist. Die Kuba-Krise, das „Wunder von Lengede“, aber auch der Mauerfall 1989 finden sich in der Autobiografie wieder. Mit 17, 18 Jahren hat Teichmann noch bei der Jugend von Eintracht Braunschweig Fußball gespielt – „wir haben dreimal in der Woche trainiert“. Dann habe ihn sein Chef gefragt: „Willst Du Fußball spielen oder etwas werden?“ Er hat sich für Letzteres entschieden, also für eine Karriere bei der MIAG – Gott sei Dank. Dem Sport ist er aber verbunden geblieben: So hat Teichmann bei Arminia Vechelde Tischtennis gespielt. Von der Hildesheimer Straße ist Teichmann in Vechelde an die Königsberger Straße und dann an die Spinnerstraße umgezogen. Und auch beruflich hat es einen Wechsel gegeben: Auf 30 Jahre „MIAG“ in Braunschweig folgen 20 Jahre Raiffeisen Handelsgenossenschaft (heute Agravis) in Hannover, die nahe dem Vechelder Bahnhof eine Getreideanlage hatte.


Erst mit 50 Jahren der erste Marathon

Erst mit 50 Jahren wird aus Arno Teichmann der „Marathon-Mann“: Ein Kollege rät ihm, sich sportlich zu betätigen, sonst gehe es körperlich schnell bergab. Es folgen 30 Marathonläufe auf fast allen Kontinenten – „maximal zwei im Jahr: einer im Frühjahr und einer im Herbst“ – und teilweise sehr gute Platzierungen. In seinem Buch gibt Teichmann sein persönliches Ranking preis: Auf Platz eins der Marathon in Israel in Tiberias am See Genezareth, gefolgt von New York und Kapstadt. „Bis zu 120 Kilometer“ sei er seinerzeit in der Woche gelaufen; jetzt – mit 78 – seien es immer noch „sechs bis acht Kilometer am Tag“. Hartnäckig sein und am Ball bleiben – das ist nach wie vor Teichmanns Devise.


Wer sich für die Autobiografie von Arno Teichmann interessiert, findet Infos unter www.ArnoTeichmann.de im Internet; Kontakt ist möglich unter Arno@ArnoTeichmann.de per Mail.

Arno Teichmann mit Medaille Luxor Marathon
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