Fr., 26 Mai 2006

Arno Teichmann aus Vechelde startete beim Rennen auf der Chinesischen Mauer

Harald Meyer 26.05.2006, 23:30


VECHELDE. Bei der Frage nach der besonderen Herausforderung muss Arno Teichmann nicht lange überlegen: "Die Treppen", erklärt der Vechelder spontan. Gemeint sind die Stufen der Chinesischen Mauer, die beim Great-Wall-Marathon of China zu bewältigen sind.

Ende des dritten Jahrhunderts vor Christi Geburt wurde die über 6000 Kilometer lange Mauer gebaut: Dass sie Bestandteil eines Marathons wird, haben sich die Denker von damals nicht träumen lassen. "Es sind ja nicht nur die Treppen", weiß Teichmann. Vielmehr seien die Stufen "nicht genormt wie in Deutschland", es gibt große und kleine – "eigentlich unmöglich, um zu laufen".


Doch Teichmann wusste, was auf ihn zukommt: 25 Marathons ist der drahtige Sportler, dem sein Alter von 63 Jahren nicht anzusehen ist, gelaufen, darunter in Berlin, Moskau, Paris, Rom, New York und Israel – sein Bündel an Medaillen zeugt von den Auftritten. Stufen gab es aber nur beim Rennen auf der Mauer, 150 Kilometer nordöstlich von Peking. "Eigentlich wollte ich im Vechelder Hochhaus Treppenlaufen trainieren", schmunzelt der Ruheständler; er hat es aber doch gelassen und ist "stattdessen jeden Berg der Umgebung hoch gerannt".

Ohnehin lief im Vorfeld nicht alles rund: Statt der angesagten Vorbereitung von drei Monaten musste sich Teichmann für den Great-Wall-Marathon in nur rund sechs Wochen fit machen. Deshalb verzichtete er auf die volle Distanz, begnügte sich in China mit dem Halbmarathon über ungefähr 21 Kilometer. Immerhin: 1900 Treppenstufen mussten dabei genommen werden.


Überwältigend die Eindrücke, die der Maschinenbauingenieur im Reich der Mitte gewonnen hat: seien es die modernen Wolkenkratzer, die in Peking neben primitiven Behausungen stehen; seien es die Offenheit und Gastfreundlichkeit der Chinesen, die scharf sind auf eine Öffnung ihres Landes zum Westen; sei es die Geschäftstüchtigkeit der Menschen, die Touristen Rolex-Uhren andrehen. Verständigen konnte sich Teichmann nicht, zumindest nicht auf Chinesisch, aber "Englisch ist im Kommen". Ganz wichtig: die Visitenkarte des Hotels. "Wer nicht weiter weiß, gibt sie den Taxifahrern und wird nach Hause gebracht." Sein Urteil über China: "Der ,schlafende Riese’ ist aufgewacht."

36 Nationen am Start beim Marathon: 6 Kilometer der Halbdistanz auf der Mauer, ansonsten durch Landschaft und Dörfer. "An der Strecke standen Chinesen, aber für sie ist das alles exotisch", beschreibt Teichmann. Marathonlaufen ist dort eben alles andere als Volkssport.

Abenteuerliche Bedingungen: Auf der Mauer laufen die Teilnehmer teilweise ohne Schutz am Abgrund vorbei, bei dem es "10 bis 15 Meter runtergeht". Wegen solcher Gefahren, aber auch weil es für Sieger kein Geld, sondern nur einen Lorbeerkranz gibt, verzichten die Cracks der Branche auf den Mauer-Marathon. Nebenbei: Teichmann wurde 17. von 340 Startern in einer Zeit von 2 Stunden und 12 Minuten.

Im Gepäck hat er nun nicht nur eine Medaille, die es für jeden Läufer gegeben hat, und eine Menge neuer Erfahrungen, sondern auch Souvenirs: zwei verzierte Porzellandöschen, die ihn jeweils den Spottpreis von umgerechnet einem Euro gekostet haben, und ein Porzellanei. Und natürlich einen Tischtennisschläger: "Mit dem spiele ich nun künftig viel besser", ist sich Teichmann sicher – und muss lächeln.

Seine nächsten Pläne: noch ein Marathon, über die volle Distanz von 42,185 Kilometer – entweder in Sao Paulo oder in Las Vegas. "Mein Problem ist, dass ich noch so ehrgeizig bin", gibt Teichmann zu, der versichert: "In meinen Konfirmationsanzug passe ich heute noch rein."

Marathonlauf auf der chinesischen Mauer
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